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Kessel, Katz‘ und Hexenbesen – Die wahre Geschichte hinter unserem Bild von Hexen

Nicht nur zu Halloween begleitet uns diese Idee von Hexen. Aber woher kommt die Vorstellung? Und was hat die Märchenhexe mit der Bierindustrie zu tun?

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Die typischen Hexensymbole stammen aus Berufsgruppe, die eigentlich wenig mit Magie und übernatürlichen Wirken zu tun hatte: Den Ale-Brauerinnen des Mittelalters. Brauen war ursprünglich fast ausschließlich Frauensache.

Und auch was die äußerliche Erscheinung angeht, haben die Brauerinnen auffallend viel mit der Hexe aus Märchen und Sagen gemeinsam:

Der spitze Hexenhut:

In der Regel verkauften die Frauen ihre Ware selbst. Im dichten Marktgedränge trugen sie einen spitzen Hut, um besser gesehen zu werden.

Der Kessel:

Der Kessel war das wichtigste Werkzeug der Ale-Brauerinnen. Gerne stellten sie zu Werbezwecke auch einen Braukessel vor ihren Marktstand.

Der Besen:

Wenn ein frisches Faß Ale fertig war, lehnten oder befestigten die Brauerinnen mit einem Ladengeschäft einen Besen an ihrer Tür, um den Kunden verfügbare Ware zu signalisieren.

Die Katze

Katzen waren tatsächlich beliebte Haustiere, aber nicht als Gehilfe oder Hexentier. Getreide war der wichtigste Rohstoff für die Bierproduktion. Daher war eine Katze im Haus sehr nützlich, um die kostbaren Vorräte vor Nagern zu schützen.

Ob als Haupteinkommen oder Zuverdienst neben dem Einkommen des Mannes, oder nur für den Eigenbedarf. Viele Frauen verstanden sich auf die Kunst Ale zu brauen, eine hopfenlose Biersorte. Für viele Alleinstehende Frauen und Witwen war das Brauen und Verkaufen von Bier eine Möglichkeit sich auch ohne Ehepartner einen eigenen Lebensunterhalt zu sichern. Gut bezahlt war die Arbeit aber nicht, denn damals war Bier brauen im Gegensatz zu heute jedoch nicht besonders angesehen und schlecht bezahlt.

Von der Brauerin zur Hexe

Das änderte sich mit den Pestepidemien, welche die Bevölkerung Europas drastisch ausdünnte. Die Braukunst gewann an Status und ermöglichte ein gutes Auskommen. Nun drängten auch männliche Braukollegen auf den Markt.

Zu dieser Zeit sorgte aber auch die Reformation für eine Verbreitung deutlich strengerer Vorstellung in Geschlechterrollen. Eigenständige Frauen, und Frauen die einen Gutteil ihrer Zeit nicht mit Kind und Haushalt zubrachten wurden zunehmend kritisch betrachtet. Auch die Idee von Hexerei und die Verfolgung vermeintlicher Hexen griff in Europa immer mehr um sich. Gerade alleinstehende Brauerinnen genossen wenig Ansehen und gerieten schnell unter Verdacht. Einige männliche Brauer nutzen diese Chance einen Wettbewerbsvorteil zu ergattern und beschuldigten Konkurrentinnen der Hexerei. Die Gerüchte verbreiteten sich schnell, und die Braukunst wurde ein zunehmend gefährliche Tätigkeit für Frauen. Der Verdacht auf Hexerei konnte schnell zu Ausgrenzung, Verhaftung oder Hinrichtung führen. Mitte des 16. Jahrhunderts wurde in England das Brauen den Frauen sogar gesetzlich untersagt, weil man sich sorgte, dass sie Frauen durch die Arbeit „verdorben“ könnten und ihre ehelichen Pflichten vernachlässigen würden.

So wurde die mittlerweile recht lukrative Branche immer mehr zu Männerdomäne und ist es bis heute geblieben. Auch unsere Märchenhexe hat bis heute noch viele Charakteristika der Ale-Brauerinnen behalten.

Die Macht der Narrative

Das Beispiel zeigt gut, wie willkürliche Narrative Ausgrenzung und Verfolgung beflügeln, und welch tiefgreifende und langfristige Wirkung sie auf unsere Ideen, Vorstellungen und Diskurse entfalten können. Also laßt uns vielleicht beim nächsten Bier auch auf die vergessene Tradition weiblicher Braukunst anstoßen, und bei klischeehaften Zuschreibungen etwas kritischer Hinsehen, ob hinter dem neuesten Gerücht, dem geteilten Post oder dem reißerischen Nachrichtenartikel nicht eine politische Agenda steckt.

Mehr zu der Geschichte der Ale-Brauerinnen gibt es im sehr empfehlenswerten A Mighty Girl- Blog.

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